WBC Anhänger

God hates fa(n)gs

Rezension der TV-Serie True Blood

Als eine japanische Firma synthetisches Blut auf den Markt bringt, nutzen die Vampire diese Gelegenheit ihre Existenz zu enthüllen und gleichzeitig Bürger_innenrechte einzufordern. Als Reaktion schlägt ihnen eine jahrhundertealte Welle von Ängsten und Vorurteilen entgegen, besonders in den US-amerikanischen Südstaaten, dem Ort der Handlung der Serie True Blood. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Kellnerin Sookie Stackhouse (Anna Paquin), die ihre telepathischen Fähigkeiten mehr als Fluch denn als Gabe betrachtet. Anderer Leute (schmutzige) Gedanken zu lesen, erschwert es ungemein, sich auf eine Beziehung einzulassen. An Vampiren funktioniert diese Fähigkeit nicht, nicht nur deshalb fühlt sich Sookie vom untoten Bill Compton (Stephen Moyer) angezogen. In Folge dessen gerät sie tief hinein in Machtkämpfe von uralten Vampiren und jener kirchlichen Gruppen, die diese vernichten möchten.

TrueBloodSeason3

True Blood Poster, Season3, ©HBO

In der Serie wird für Vampire das Schimpfwort Fangs (Reißzähne) benutzt. Fang-Banger sind jene, die sich für sexuelles Vergnügen von ihnen beißen lassen. „God Hates Fangs“, diese Worte zeigt ein Kirchenschild im Vorspann der Serie. Ein Spruch direkt entliehen von den verbalen Diskriminierungen, die in den amerikanischen Südstaaten leider zum Alltag gehören: „God Hates Fags“ ist der bekannteste Slogan der Westboro Baptist Church (WBC) und der Name einer mit dieser Kirche verknüpften Homepage. Fag wird im Amerikanischen als Schimpfwort für homosexuelle Männer verwendet und steht hier stellvertretend für alle Formen von „Unzucht, Sodomie und Ehebruch“. Doktrin der WBC ist, dass Gott nicht alle liebt. Schwule beispielsweise hasst er, deshalb wurden schon Sodom und Gomorra vernichtet.

WBC Anhänger

Anhänger der Westboro Baptist Church demonstrieren vor dem Virginia Holocaust Museum. Foto: JCWilmore, CC BY 3.0

True Blood ist voll von Metaphern der Schwierigkeiten von LGBTIQs in der (amerikanischen) Gesellschaft und ihrem Kampf für gleiche Rechte: Die Selbstenthüllung der Existenz von Vampiren wird z.B. als „coming out of the coffin“ bezeichnet. Homophobie findet ihre Parallelen in der Angst vor Vampiren: sie sind gefährlich, sie leben als Parasiten innerhalb der menschlichen Gesellschaft. „Gute Vampire“ sind solche, die ihren Appetit nach Blut und Sex in Zaum halten können, „böse Vampire“ töten, trinken Blut und sind sexsüchtig. Auf LGBTIQs umgelegt, zeigt sich allerdings die Gefährlichkeit solcher Vergleiche.

True Blood basiert auf der Romanreihe The Southern Vampire Mysteries von Charlaine Harris, beginnt aber spätestens mit der zweiten Staffel stark davon abzuweichen. Wird in Twilight „ewige Liebe“ romantisiert, so ist True Blood angefüllt von Sex, Gewalt, derber Sprache und viel, viel Blut. Dabei entsteht Humor sehr häufig an der Schnittstelle von derber Wortwahl und Südstaatendialekt. Eine der lustigsten (und gleichzeitig tiefgründigsten) Szenen der ersten Staffel ist die Reaktion des schwulen Kochs Lafayette (Nelsan Ellies) auf die Aussage „the burger might have aids”.

True Blood ist in erster Linie eine Unterhaltungsserie produziert von HBO, der sich als Abonnement-Sender nicht staatlicher Zensur unterwerfen muss und der sich sehr eindeutig an ein erwachsenes Publikum richtet. Die Serie wird ab Februar 2011 auch im deutschsprachigen FreeTV ausgestrahlt, mit starker Zensur und einer Synchronisation, die nicht an das amerikanische Original heranreicht, ist allerdings zu rechnen. An den vierten Staffel wird aktuell gearbeitet.

* Dieser Text erschien erstmalig in der Paradigmata – Zeitschrift für Menschen und Diskurse, Vol. 3