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Review: Prison Architect

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© Introversion Software

Prison Architect ist das etwas andere Aufbaustrategiespiel vom britischen Indie Studio Introversion Software. Denn wenn der Vollzug privatisiert wird, dann werden die einzelnen Straffälligen zur einzigen konstanten Einnahmequelle für die Gefängnisleitung. Zellen, Unterhaltung, Essen und Personal kosten eine Menge Geld. Und glückliche Schützlinge machen weniger Probleme. Doch die Bedürfnisse sind individuell verschieden – ebenso wie die Biografien. Also hilft wohl nur der Mittelweg zwischen Wirtschaftlichkeit und der Glückseligkeit der Inhaftierten – oder alle kommen in vollautomatisierte Einzelhaft.
Blut, Gewalt, Willkür und Todesstrafe. Oder eine sinnvolle Tätigkeit, psychologische Betreuung und ein vorzeitiges Haftende? Das bleibt der Spieler_in überlassen. Panopticon 2.0 für den heimischen PC und die ganze Familie!

 

Kritische Literaturtage 2012

Bücher vernetzen.

Review der Kritischen Literaturtage in der Brunnenpassage am Yppenplatz (26. & 27.10.)

Die Brunnenpassage am Yppenplatz richtet sich seit 2007 an jene Menschen, denen der städtische Kulturbetrieb nicht oder nur schwer zugänglich ist: Alle Veranstaltungen sind deshalb kostenlos. Es wird außerdem versucht, die „zahlreichen Unsicherheiten, Schwellen- und Berührungsängste“ abzubauen, welche „Menschen mit geringen Bildungschancen, Personen mit niedrigem Einkommen sowie MigrantInnen“ häufig davon abhalten, die Konzerthäuser, Theater und Museen der Stadt Wien zu besuchen. Die unmittelbaren AnrainerInnen des Brunnenviertels – in ihrer sozialen und kulturellen Vielfalt – sind dabei der Maßstab, der an alle Veranstaltungen in der Brunnenpassage angewendet wird, ganz nach dem Leitspruch: KunstSozialRaum.

Brunnenpassage

Die Brunnenpassage bildete am 26. und 27. Oktober den räumlichen Mittelpunkt der diesjährigen Kritischen Literaturtage nach dem Motto: Bücher statt Panzer! Denn während am Heldenplatz Staatsgewalt mittels Kriegsgerät inszeniert wurde, standen hier die „Waffen der Kritik“ in Form von Druckwerken im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das Schlendern entlang der Stände der 50 AustellerInnen – u.a. Verlage, unabhängige Zeitschriftenredaktionen, Schreibwerkstätten, politische Gruppierungen und NGOs – wurde untermalt durch Live Musik von Marwan Abado.

Zur Einstimmung fand bereits am Donnerstag den 25. eine Auftaktdiskussion im ETAP statt, welche das Voneinander-Lernen sozialer Bewegungen in den Fokus rückte. Parallel zu den Messetagen am 26. und 27. lasen zu jeder vollen bzw. halben Stunde an drei nahegelegenen Locations (FANIA und Café Club International am Yppenplatz sowie Galerie AU in der Brunnengasse) junge – oder auch nicht mehr so junge – AutorInnen aus ihren Werken vor. Anlässlich des 100. Geburtstag des jüdischen, politischen Schriftstellers Jura Soyfer wurden im Weinhaus Sittl Szenen aus seinen Stücken und einige seiner Lieder mit Akkordeonbegleitung vorgetragen.

Die Kritischen Literaturtage sind mehr als eine Buchmesse. Sie sind ein Ort der Vernetzung: von MedienmacherInnen und politischen Aktiven, von Schreibenden und Lesenden. Und auch wenn sich die BesucherInnenzahlen nicht mit jenen der Waffenschau am Heldenplatz messen können, so war es doch eine gelungene Gegenveranstaltung!

Flyer Kritische Literaturtage 2012

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Die 4. Tage der Kultur- und Sozialanthropologie

Sechzehn Workshops und rund 90 Vortragende: Damit waren die 4. Tage der Kultur- und Sozialanthropologie am 10. und 11. April 2008 ähnlich umfangreich konzipiert wie im letzten Jahr. Gemeinsam vom Institut, der Forschungsstelle für Sozialanthropologie der Akademie der Wissenschaften und dem Museum für Völkerkunde veranstaltet, dienen sie der Vernetzung der Fachgemeinschaft. Sie stellen vor allem für junge WissenschafterInnen eine wichtige Möglichkeit dar, ihre Arbeiten zu präsentieren. Das Echo seitens der unteren Semester blieb jedoch leider gering.

Tag 1 – 10. April 2008

Den Auftakt zur Veranstaltung gab Dr. Mareile Flitsch von der Technischen Universität in Berlin. Sie sprach über „die Chancen einer Erforschung praktischen Alltagswissens für die moderne Ethnologie“. Herkömmliche Fertigkeiten werden zunehmend verdrängt, wertvolle Wissenspotenziale gehen verloren. Am Beispiel Chinas zeigte Dr. Flitsch auf, welchen Beitrag Technikethnologie zum Erhalt dieser Potenziale leisten kann.

Die folgenden Workshops können aufgrund ihrer großen Bandbreite nur skizzenhaft wiedergegeben werden. „Anthropologie des Pilgerns“ zeigte in vielen Regionen die Zunahme volksreligiöser Praxis aufgrund neuer technischer Möglichkeiten und die damit einhergehende „spirituelle Globalisierung“ auf. Der Workshop „Jenseits der Anthropologie“ verdeutlichte, dass Ansätze wie Hybridisierung und Kreolisierung zur Erklärung postkolonialer Gegenwart oft nicht mehr ausreichen.

Der erste Tag schloss mit einer Reihe von Buchvorstellungen: Prof. Elke Mader präsentierte ihr aktuelles Buch Anthropologie der Mythen und Dr. Christian Feest ein Reihe von Publikationen von Museum und dem Archiv für Völkerkunde. Dr. Marie-France Chevron stellte die finale Publikation der Wiener Ethnohistorischen Blätter Erscheinungsformen des Wandels vor und kündigte anschließend eine Folgezeitschrift an, die sie gemeinsam mit Prof. Werner Zips herausbringen wird.

Tag 2 – 11. April 2008

Am zweiten Tag zeigte eine Reihe von ReferentInnen, dass „Kultur- und sozialanthropologisches Know-how in unterschiedlichen Berufsfeldern“ außerhalb des Wissenschaftsbetriebes Anwendung findet. Der Workshop „dagegen!“ untersuchte Subkulturen, Jugendkulturen und Szenen wie das „Schwarze Wien“ mittels anthropologischer Ansätze. Details zu den erwähnten und weiteren Workshops finden sich im Book of Abstracts.

In der abschließenden Podiumsdiskussion zum „ungeliebten, verkannten und vergessenen“ Museum für Völkerkunde in Wien wurde unter der Moderation von Dr. Thomas Fillitz heftig über dessen Zukunft debattiert. Dr. Paul Frey, kaufmännischer Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums, hob den potenziellen Eventcharakter hervor. Wir leben in einer „Erlebnisgesellschaft“, wird das berücksichtigt, könnten Museen zukünftig boomen. Ein Konzept, das offenbar auch bei der aktuellen Tutanchamun Ausstellung verfolgt wird. Dr. Dieter Bogner, der Moderator der Zukunftsdiskussion über die Bundesmuseen, hob hervor, wie dringend es ist, eine neue Identität und ein neues Profil zu finden. Es schloss sich eine Diskussion um einen möglichen neuen Namen des Museums an, nicht zuletzt wegen des belasteten Begriffes Volk. „Kulturhistorisches Museum“ würde Gleichreihung mit den Kunst- und Naturhistorischen Museen bedeuten. Prof. Andre Gingrich schlug „Museum der Weltkulturen“ vor. Weitgehend ausgespart wurde in der Diskussion die Rückgabe geraubter Kulturschätze. Das ist jedoch eine Frage, die noch beantwortet werden sollte, bevor man sich ein „Weltkulturmuseum“ nennen darf.

Wie Prof. Gingrich sagte, der Streit um das Völkerkundemuseum muss ein öffentlicher sein. Eine Öffentlichkeit, die ich auch den Tagen der Kultur- und Sozialanthropologie in ihrer Gesamtheit wünschen möchte.

* Dieser Text erschien erstmals in Die Maske – Zeitschrift für Kultur- und Sozialanthropologie, Vol. 3

* Update: Das ehemalige „Völkerkundemuseum“ nennt sich nun Weltmuseum Wien.