Buchcover von Supernerds

Supernerds – Gespräche mit Helden von Angela Richter

 

Buchcover von Supernerds

Supernerds – Gespräche mit Helden von Angela Richter

Supernerds ist der Name eines multimedialen Projektes von Angela Richter. Für dieses sprach die Hausregisseurin am Schauspiel Köln mit verschiedenen Whistleblower_innen: mit Daniel Ellsberg, Thomas Drake, Edward Snowden und weiteren mehr. Diese Gespräche waren allerdings keine journalistischen Interviews: Richter begegnete diesen Menschen mit unverhohlener Sympathie, wie sie selbst sagt. Von Jesselyn Hammond z.B. erfahren wir, dass nach ihrem Gang in die Öffentlichkeit Regierungsbeamte regelmäßig ihren Müll durchwühlten, dass sie ihre Kinder nicht mehr draußen spielen lassen konnte und dass die Prozesskosten sie finanziell ruinierten. Und dennoch würden sie es alle wieder tun, diese verfolgten und weggesperrten Held_innen, nur etwas besser vorbereitet.

Supernerds wurde als Bühnenstück inszeniert und war am 28. Mai 2015 ein simultanes, interaktives Lehrstück in TV, Radio und Web zum Thema Überwachung. Auszüge aus den Unterhaltungen mit den Whistleblower_innen finden sich im Buch Supernerds – Gespräche mit Helden, das gerne noch etwas dicker hätte ausfallen dürfen.

Rezension: Der Futurologische Kongress – Stanisław Lem

Buchcover: Der Futurologische Kongreß

Deutschsprachige Übersetzung von 1974 im Suhrkamp Verlag (1979)

 

Der Raumfahrer Ijon Tichy (auch bekannt aus Lems Sterntagebüchern) nimmt an einem Kongress der Zukunftsforscher_innen in Costricana teil, als ein Bürger_innenkrieg ausbricht. Die eingesetzten psychochemischen Kampfstoffe schicken den Ich-Protagonisten auf Reise in eine ferne Zukunft: in eine überbevölkerte Welt der „Chemokratie”, in der über das Wetter abgestimmt wird und Tote auf Wunsch wiederbelebt werden können. Glück, Wohlstand und Frieden für jede(n) werden möglich durch „Psychemie”: denn die Einnahme von Psychopharmaka gehört inzwischen zu den menschlichen Umgangsformen. Sogar der Nobelpreis wird durch die Einnahme einer Pille alltäglich. Doch die selbst verabreichten „Maskone” bilden nur den illusionären Schleier, der von der schrecklichen Wirklichkeit ablenkt. In wahnwitzigem Tempo, getragen von selbsterklärenden Neologismen, hat Stanisław Lem schon in den 1970ern aufgezeigt, dass die schlimmste mögliche Zukunft nur eine Matrix menschlicher Selbstverdummung sein kann.

 

„Die Entwicklung mußte diese Richtung nehmen, seit auf Narkotika und Urhallozinogene die stark selektiv wirkenden sogenannten Psychofokussierer gefolgt waren. Doch der eigentliche Umschwung fand erst vor fünfundzwanzig Jahren statt, als die Maskone synthetisiert wurden […] Narkotika trennen den Menschen nicht von der Welt; sie verändern nur sein Verhältnis zu ihr. Halluzinogene verwirren und verschleiern die ganze Welt. […] Die Maskone aber – die fälschen die Welt!

Das ist Antich, aus der Gruppe der Wachpulver, ein starkes Gegenmittel gegen die Psychemie […] das bloße Mittragen gilt als Kapitalverbrechen. […] Mit bebenden Händen entkorkte ich das Fläschchen […] der herrliche Saal mit den Majolika-Wänden, Teppichen, Palmen, prunkvoll schimmernden Tischen und einem im Hintergrund postierten Kammerorchester, […] das alles war verschwunden. Wir saßen an einem nackten Holztisch in einem Betonbunker; unsere Füße versanken in einer arg zerschlissenen Strohmatte. […] statt der Silberschüssel, worin auf knusprigem Brot das Rebhuhn geduftet hatte, stand vor mir ein Teller aus Steingut; darauf lag ein unappetitlicher graubrauner Breiklumpen.“

Der Stoff von Lems Sterntagebüchern wurde übrigens sehr frei in der Serie Ijon Tichy: Raumpilot umgesetzt, die 2007 und 2011 im ZDF lief: