Helga Kromp-Kolb: Der Weg zu einer nachhaltigen Zukunft

Helga Kromp-Kolb: Der Weg zu einer nachhaltigen Zukunft
Helga Kromp-Kolb auf der Buch Wien 2023. Foto: C.Stadler/Bwag
Lesedauer: 4 Minuten

Helga Kromp-Kolb ist eine herausragende österreichische Klimaforscherin, die sich seit Jahrzehnten mit den Herausforderungen und Lösungen des Klimawandels beschäftigt. Als emeritierte Professorin für Meteorologie und Klimatologie an der Universität für Bodenkultur Wien hat sie einen bedeutenden Beitrag zur Erforschung des Klimawandels und seiner Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft geleistet. Ihr Engagement für nachhaltige Entwicklung und ihre Expertise in der Klimaforschung machen sie zu einer wichtigen Stimme in der aktuellen Debatte über Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. Im Rahmen eines Vortrags im Jahr 2023 in der Arbeiterkammer Feldkirch stellte sie ihre Perspektiven zur Transformation unserer Gesellschaft hin zu einer nachhaltigen und gerechten Zukunft vor.

Der Vortrag: Herausforderungen und Möglichkeiten für eine nachhaltige Zukunft

„Einen schönen guten Abend, ich danke herzlich für die Einladung.“ So beginnt Helga Kromp-Kolb ihren Vortrag, in dem sie auf die drängenden Fragen des Klimawandels und die notwendigen Schritte zur Schaffung einer besseren Zukunft eingeht. Sie schildert ein Bild, das wir alle kennen: einen Fluss, der sich in verschiedene Strömungen verzweigt. Eine Strömung führt durch schwierige Gewässer, durch Stromschnellen und Felsen, während die andere einen sanfteren, stabileren Verlauf nimmt. Diese Metapher steht symbolisch für die Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, und die Entscheidungen, die wir treffen müssen, um eine nachhaltige und friedliche Zukunft zu erreichen.

Kromp-Kolb betont, dass wir uns in einer Zeit befinden, in der das Erreichen eines stabilen Klimas, das etwa 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegt, als ein erreichbares Ziel betrachtet werden kann. Doch selbst wenn wir dieses Ziel erreichen, bleibt das Klima nicht ideal. Es wird immer noch Herausforderungen geben, auf die wir uns einstellen müssen. Sie hebt hervor, dass eine tiefgreifende Veränderung in allen Lebensbereichen notwendig ist, um dieses Ziel zu erreichen.

„Diese Veränderungen können aber Veränderungen zum Besseren sein“, sagt sie. Der Schlüssel liege darin, eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie eine bessere Zukunft aussehen könnte. Im Bereich der Energieerzeugung etwa führt der Übergang zu erneuerbaren Energien zu einer dezentralen Energieversorgung. Dies hat nicht nur positive Auswirkungen auf die Umwelt, sondern könnte auch geopolitische Spannungen verringern. Kromp-Kolb argumentiert, dass Länder, die derzeit unter Kriegen oder Instabilität leiden, die Chance haben, sich selbst zu entwickeln, wenn sie unabhängig von fossilen Brennstoffen werden.

Neue Wege in der Mobilität und Ernährung

Ein weiterer zentraler Punkt ihres Vortrags ist die Notwendigkeit, unsere Mobilität zu überdenken. Kromp-Kolb plädiert dafür, mehr zu Fuß zu gehen, Rad zu fahren und den öffentlichen Verkehr zu nutzen. Diese Veränderungen sind nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für unsere Gesundheit und Lebensqualität. Weniger Verkehr führt zu weniger Lärm und einer besseren Luftqualität. Sie beschreibt, wie sichere Straßen für Kinder dazu führen, dass diese selbstständiger werden können, was wiederum den Eltern mehr Zeit und Raum für andere Aktivitäten verschafft.

Im Bereich der Ernährung kritisiert Kromp-Kolb das gegenwärtige System der Lebensmittelproduktion. Sie erklärt, dass ein Großteil der landwirtschaftlichen Flächen für die Fütterung von Tieren verwendet wird, die wiederum nur einen geringen Teil der benötigten Nährstoffe liefern. „Das ist Vergeudung und absolut ineffizient“, betont sie. Ihre Vision einer nachhaltigen Ernährungssystematik geht in Richtung einer gesunden, lokal produzierten Nahrungsmittelversorgung, die auf Qualität und nicht auf Quantität abzielt.

Kromp-Kolb weist darauf hin, dass eine gesunde Bodenbewirtschaftung auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, da gesunde Böden mehr Wasser speichern können und somit Überschwemmungen verhindern. Die Verknüpfung von nachhaltiger Landwirtschaft und Klimaschutz ist ein zentraler Punkt, den sie immer wieder hervorhebt.

Ein neues Gesundheitssystem und Bildung für die Zukunft

Ein weiteres wichtiges Thema, das Kromp-Kolb anspricht, ist die Notwendigkeit eines Gesundheitssystems, das nicht nur auf Krankheitsbekämpfung ausgerichtet ist, sondern proaktiv das Ziel verfolgt, die Bevölkerung gesund zu halten. „Wir haben ein System, das wirtschaftlich erfolgreich ist, wenn die Menschen krank bleiben“, kritisiert sie. Sie plädiert für ein Umdenken im Gesundheitssektor, das das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Im Bildungsbereich sieht Kromp-Kolb dringenden Handlungsbedarf, um die Kreativität der Schüler zu fördern. Sie macht darauf aufmerksam, dass viele Kinder, die kreativ in die Schule kommen, im Laufe der Zeit einheitliche Denkschemata erlernen, die sie daran hindern, innovative Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft zu entwickeln. Ein Bildungssystem, das Kreativität fördert, ist für sie unerlässlich, um die Probleme der Zukunft zu bewältigen.

Wirtschaft und Demokratie im Wandel

Der Vortrag behandelt auch die Notwendigkeit eines Wirtschaftssystems, das keinen Wachstumszwang hat. Kromp-Kolb warnt vor den Grenzen unseres Ökosystems und plädiert für ein Finanzsystem, das verschiedene Währungen je nach Bedarf einführt. Sie argumentiert, dass eine Abkehr von der ausschließlichen Gewinnmaximierung in der Wirtschaft notwendig ist, um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden.

Nicht zuletzt betont sie die Bedeutung der Demokratie und der Bürgerbeteiligung. „Es ist wichtig, dass wir die Demokratie in die Hand nehmen und uns wieder engagieren“, sagt Kromp-Kolb. In Österreich, besonders in Vorarlberg, gebe es bereits Ansätze der Bürgerpartizipation, die positive Ergebnisse zeigen. Sie verweist auf den Klimabürger*innenrat, der aus 90 repräsentativen Mitgliedern besteht, die in mehreren Wochenenden zusammengearbeitet haben, um nahezu einstimmig gute Vorschläge zu erarbeiten. Dies zeige, dass gemeinsame Lösungen möglich sind, wenn die Bevölkerung in den Prozess eingebunden wird.

Fazit: Die Fragen der Zukunft

Abschließend fordert Kromp-Kolb das Publikum auf, sich drei zentrale Fragen zu stellen, während wir auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft sind:

  1. Was ist uns wichtig und was wollen wir beibehalten?
    • Dies kann auf individueller und politischer Ebene betrachtet werden.
  2. Was müssen wir loslassen, damit ein gutes Leben für alle innerhalb der ökologischen Grenzen möglich wird?
    • Ein kritisches Hinterfragen unserer Gewohnheiten und Werte ist hierbei unerlässlich.
  3. Was können wir wiederherstellen oder von anderen Kulturen lernen, um hilfreich für unsere Zukunft zu sein?
    • Es ist wichtig, den Austausch mit anderen Kulturen und Ansätzen zu fördern, um voneinander zu lernen.

Kromp-Kolb schließt mit der ermutigenden Botschaft, dass es nicht zu spät ist, zu handeln. Selbst wenn wir uns in schwierigen Gewässern befinden, können wir mit den richtigen Maßnahmen sowohl eine Katastrophe vermeiden als auch in Richtung einer besseren Zukunft steuern. „Ich hoffe, dass Sie alle bei denen sind, die noch dafür kämpfen wollen“, schließt sie ihren eindrucksvollen Vortrag.

Helga-Kromp-Kolb stellt ihr Buch „Plus zwei Grad“ vor. Foto: FH des BFI Wien

Schlussgedanken

Der Vortrag von Helga Kromp-Kolb ist nicht nur ein eindringlicher Appell an alle, die Verantwortung für unseren Planeten zu übernehmen, sondern bietet auch klare Visionen und Lösungen für die Herausforderungen, vor denen wir stehen. Es liegt an uns, diese Impulse aufzugreifen und gemeinsam an einer nachhaltigen Zukunft zu arbeiten.